Woensdag 29 augustus 2007 – Sartre: ‘L'homme est condamné à être libre’

Over Jean-Paul Sartre heb ik nog steeds gemengde gevoelens. Aan de ene kant weet ik zeker dat de mens absoluut vrij is, maar aan de andere kant weet ik ook hoe hij zijn/haar vrijheid kan kwijtraken. De mens is nu eenmaal geen baas in eigen leven (Freud). Maar hij is intussen wel ‘condamné à être libre’. Hij is helemaal vrij, maar toch ook weer niet. Doet denken aan Paulus: 'Als ik het goede wil doen, is het kwade mij nabij'. Zoiets.
Over wat ik hier over Sartre verzamel zweeft die ambiguïteit, waar Sartre het overigens ook zelf moeilijk mee gehad heeft. Freud heeft hem altijd gestoken. En over de manier waarop Sartre spreekt over ‘de anderen’ ben ik eigenlijk niet te spreken. Maar zijn uitspraken over ‘condamné à être libre’ leiden mij altijd in verzoeking, waar ik dan vandaag maar aan toegeef. Eigenlijk komt hier mijn oude vraag weer naar boven: ben je als mens ‘eenzaam’ of ‘tweezaam’? Ik geloof in ‘tweezaam’, maar ik denk ‘eenzaam’.

Dus:
Denn statt mit einer Ontologie (wie der Untertitel von Das Sein und das Nichts nahelegt), haben wir es mit einer Anthropologie zu tun: der Bestimmung der Seinsweise des Menschen, in deren Mittelpunkt Sartre den Begriff der Freiheit stellt. "Der Mensch ist zur Freiheit verurteilt" - weil er sich immer wieder neu entwerfen muss, vor der Wahl steht und sein momentanes Sein negieren und überschreiten muss, immer auf der Suche nach einer Identität, die nie zu erreichen ist, weil ein Riss durch das menschliche Sein geht, der nie verschwindet.

Besonders faszinierend sind die Abschnitte, die sich mit den zwischenmenschlichen Beziehungen befassen. Denn Sartre analysiert das Verhältnis zum anderen auf sehr originelle Weise: über den Blick. Andererseits rückt er zwei Phänomene exemplarisch in den Vordergrund, die von der Philosophie meist sträflich missachtet werden - das Begehren und die Liebe.

Over de blik schrijft Levinas ook. Met de blik van de ander wordt mijn afgeslotenheid doorboord. Satre spreekt over de blik ‘van’ de ander, Levinas over ‘het gelaat’ van de ander.

Die Grundlage Jean-Paul Sartres Philosophie ist es, dass die Existenz des Menschen die Voraussetzung für sein Wesen ist. Der Mensch wird ins Leben geworfen; er existiert, ob er will oder nicht. Existieren heißt aber für den Menschen, Möglichkeiten in Wirklichkeit umzuwandeln. Dadurch ist er dazu verurteilt, Entscheidungen zu treffen. Dem kann man sich nicht entziehen, denn auch der Entschluss alle Entscheidungen Anderen zu überlassen, einem Moralprinzip zu folgen und selbst der Entschluss zum Freitod, der endgültigen Flucht aus der Existenz, muss selbstständig getroffen werden.
Der Mensch hat immer mehr als eine Möglichkeit - er ist frei - und er muss sich entscheiden (keine Entscheidung zu treffen ist auch eine Entscheidung) - damit ist er zur Freiheit verurteilt.
Diese Freiheit wird, wie es auf den ersten Blick scheint, durch die anderen Menschen gefährdet. "Die Hölle, das sind die Anderen" (Gabriel Marcel zegt: ‘De hemel, dat zijn de anderen’), weil sie den Einzelnen ständig auf etwas festlegen wollen und mit ihren Erwartungen die Freiheit, sich immer wieder neu zu entscheiden, eingrenzen. Es wird kaum einem möglich sein, den Blick der Anderen völlig zu ignorieren; in irgendeiner Form (Anpassung oder Rebellion) reagiert jeder darauf.
Sartre zeigt jedoch auch, dass die eigene Freiheit immer die Freiheit aller Anderen einschließt. Ein Mensch kann seine Freiheit nicht gegen die Freiheit der Anderen ausspielen, weil er nur frei sein kann, wenn sie es auch sind. Neben den konkreten, anderen Menschen gibt es aber noch die gesellschaftlich geprägten Vorstellung, die in unseren Köpfen sitzen, dazu unten mehr.
Die völlige Freiheit stellt den Menschen vor eine große Verantwortung, da er sich für alles, was er tut, entschieden hat und damit für seine Handlungen und ihre Folgen verantwortlich ist. Problematisch sind dabei Entscheidungen, die nicht bewusst getroffen wurden.

Sartre bezeichnet es als die vordringlichste Aufgabe jedes Menschen, sich seine eigene Welt zu schaffen, indem er sie entwirft. Diesem individuellen »Entwurf« der Welt steht der Mensch allein gegenüber, der Entwurf geschieht ohne jedes Einwirken seitens der Gesellschaft und ohne moralische oder religiöse Unterstützung. Der Mensch ist dazu verdammt, die eigene Existenz stets neu zu entwerfen – seine Existenz ist ein stets zu realisierender Entwurf. Dabei vermag der Mensch im Unterschied zur nichtmenschlichen Welt etwas zu verneinen, sich gegen etwas zu entscheiden oder sich aufzulehnen.
Indem Sartre die Verantwortung aller Menschen für ihre Entscheidungen voraussetzt, postuliert er die absolute Freiheit, die Bedingungen für eine menschliche Existenz wählen zu können: Der Mensch ist nichts anderes als das, wozu er sich macht. So wird sich der Mensch seiner selbst bewusst und ist gezwungen, aus der Freiheit heraus sein Leben zu verwirklichen, Werte und Sinn zu wählen und sich zu entwerfen.
Der Mensch ist nach Sartre nicht definierbar, weil er anfangs überhaupt nichts ist. Er wird erst, und er wird so sein, wie er sich geschaffen hat. Demnach, so urteilt Sartre, gibt es keine menschliche Natur, da es keinen Gott gibt, um sie zu entwerfen: Die Existenz geht dem Wesen, der Essenz, voraus.
Wirkung: Sartre erregte mit Das Sein und das Nichts ein so breites öffentliches Interesse, dass der Existenzialismus zu einer weltweiten Bewegung wurde. Internationalen Ruhm erlangte Sartre, indem er die Begriffe »An-sich« und »Für-sich«, die Hegel geprägt hatte, neu interpretierte, um damit das Weltverständnis der Menschen als ein ursprünglich sinnentleertes und das Verhältnis der Menschen untereinander als ein von Natur aus gewalttätiges zu demonstrieren.

Eine der bekanntesten existentialistischen Äußerungen, die jedoch sinngemäß schon bei Schelling nachgewiesen werden kann, ist die Aussage Sartres „Die Existenz geht der Essenz (dem Wesen) voraus“, aus der Schrift Der Existentialismus ist ein Humanismus.

Thematisch angeknüpft wird hier an die Wesensbestimmung (Essenz) des Menschen in der Philosophie. Durch die Bestimmung des Menschen als biologisches Wesen, als Vernunftwesen, als göttliches Wesen etc., erhält der Mensch vor seiner Existenz zunächst schon eine Bedeutung, eben biologisch, vernünftig, gottähnlich. Beim Existentialismus kritisiert man diese, der Existenz vorgängige Sinnbestimmung und setzt ihr die Existenz entgegen: Der Mensch ist als Mensch nicht zu erfassen, wenn nicht je von seiner eigenen individuellen Existenz ausgegangen wird. Jede Wesenbestimmung enthält, so die Kritik durch den Existentialismus, immer schon einen Theorieaspekt, der sich nicht aus einer unmittelbaren Erfahrung der Existenz speist, sondern der Existenz „nachrangig“ gebildet wird.

Hieraus erklärt sich auch die Fokussierung des Existentialismus auf die Themen Angst, Tod, Freiheit, Verantwortung und Handeln als elementar menschliche Erfahrungen. Der Mensch versteht sich selber nur im Erleben seiner selbst. Demnach bezieht sich der Existentialismus nicht mehr auf eine göttliche oder kosmologische oder quasigöttliche Ordnung, sondern entwickelt seine Theorie vom Einzelnen aus. Dadurch wird eine religiöse Grundhaltung nicht abgelehnt (auch wenn dies häufig durch die Schriften Sartres intendiert wird), sondern der Glaube wird vielmehr selbst zum existentiellen Erleben.

In Begriffen wie Geworfenheit, Selbstentwurf, Freiheit und Selbstbestimmung zeigt sich die Zentrierung des Existentialismus auf das Problem der Befreiung des Menschen zu seinen eigenen Möglichkeiten hin. Die Notwendigkeit dieser Möglichkeit zu sein, zeigt sich in den Erfahrungen von Absurdität, Ekel, Angst, Sorge, Tod und Langeweile und zeigt eindrucksvoll auf, dass gerade dieses subjektive Empfinden das Leben des Menschen bestimmt, Objektivitätsansprüche vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen verblassen.

„Der atheistische Existentialismus, für den ich stehe, ist zusammenhängender. Er erklärt, dass, wenn Gott nicht existiert, es mindestens ein Wesen gibt, bei dem die Existenz der Essenz vorausgeht, ein Wesen, das existiert, bevor es durch irgendeinen Begriff definiert werden kann, und dass dieses Wesen der Mensch oder, wie Heidegger sagt, die menschliche Wirklichkeit ist. Was bedeutet hier, dass die Existenz der Essenz vorausgeht? Es bedeutet, dass der Mensch zuerst existiert, sich begegnet, in der Welt auftaucht und sich danach definiert.” (Jean Paul Sartre, 'Der Existenzialismus ist ein Humanismus')

Das philosophische Hauptwerk Sartres Das Sein und das Nichts (L'être et le néant, 1943) gilt gleichzeitig auch als wichtigstes theoretisches Fundament des Existentialismus. Hier zeigt er auf, dass sich das menschliche Sein (Für-Sich), von dem anderen Sein, den Dingen, Tieren, Sachen etc. (An-Sich) durch seinen Bezug zum Nichts unterscheidet.

Der Mensch ist ein Sein, „das nicht das ist, was es ist, und das das ist, was es nicht ist”.

Als einziges Wesen, das verneinen kann, einen Bezug zu dem Noch-Nicht oder Nicht-Mehr hat, das lügen kann, also das sagen, was nicht ist, hat der Mensch damit auch die Bürde der Freiheit und damit auch die Verantwortung. Das Hauptwerk zeigt in eindrucksvollen Analysen menschlicher Situationen, wie sich die Freiheit in allen Bezügen des Seins des Menschen aufdrängt, der Mensch vor dieser Verantwortung flieht und wie der konkrete Bezug zum Anderen ihm erst diese Verantwortung und Freiheit aufzeigt. Das Vorurteil, dass es sich bei dem Existentialismus sartrescher Prägung um einen egoistischen Individualismus handelt, kann so nicht aufrechterhalten werden. Im Gegenteil: In seinen Analysen zeigt der Philosoph auf, dass menschliches Leben niemals als vereinzeltes Leben verstanden werden kann. Die dafür notwendigen Analysen sind, mit Einschränkung, wahrscheinlich die stärksten philosophischen Argumente gegen jeglichen Solipsismus.

Methodisch geht Sartre phänomenologisch vor, indem er die oben genannten Existentiale wie Freiheit, Furcht, Angst, Liebe, Scham als Zeugen für die Freiheit des Menschen befragt. Durch diese Analysen gelangt er schließlich auch zu dem Anderen als mir gegenübertretende Freiheit und zeigt auf, dass unsere Freiheit und Verantwortung eine ontologische Entsprechung hat. Somit kann Sartre zwar keine moralischen Forderungen stellen, bejaht aber solche grundsätzlich, wenngleich sie auch von überindividuellen Bezügen abgelöst werden muss und ihre eigentliche Entsprechung in der Verantwortlichkeit jedes Einzelnen findet.

„Aber wenn wirklich die Existenz der Essenz vorausgeht, so ist der Mensch verantwortlich für das, was er ist. Somit ist der erste Schritt des Existentialismus, jeden Menschen in Besitz dessen, was er ist, zu bringen und auf ihm die gänzliche Verantwortung für seine Existenz ruhen zu lassen. Und wenn wir sagen, dass der Mensch für sich selber verantwortlich ist, so wollen wir nicht sagen, dass der Mensch gerade eben nur für seine Individualität verantwortlich ist, sondern dass er verantwortlich ist für alle Menschen.”

Nun findet sich aber gerade hier häufig der Einwand, warum Menschen denn dann unmoralisch handeln bzw. ihre Verantwortung nicht wahrnehmen, wenn wir doch frei sind. Der Mensch hat nach Sartre einen Bezug zum Nichts eben dadurch, dass er in seiner eigenen Seinsstruktur selber Nichts ist, d.h. der oben zitierte Satz bringt zum Ausdruck, dass wir selbst immer wieder vor der Verantwortung fliehen können: Sartre nennt diese ontologische Struktur des Menschen „mauvaise foi“, die Unaufrichtigkeit oder Selbstlüge. Er beschreibt, wie wir in der Selbstlüge zugleich Lügner und Belogener in einer Person sind und zeigt auf, warum dieses offensichtlich logisch Widersinnige nachzuvollziehen ist: Da wir offensichtlich nicht eindeutig zu bestimmen sind, wie die Analyse der mauvaise foi nahe legt, tätigen wir immer wieder einen sog. Entwurf.

„Der Mensch ist zuerst ein Entwurf, der sich subjektiv lebt, anstatt nur ein Schaum zu sein oder eine Fäulnis oder ein Blumenkohl; nichts existiert diesem Entwurf vorweg, nichts ist im Himmel, und der Mensch wird zuerst das sein, was er zu sein geplant hat, nicht was er sein wollen wird. Denn was wir gewöhnlich unter Wollen verstehen, ist eine bewusste Entscheidung, die für die meisten unter uns dem nachfolgt, wozu er sich selbst gemacht hat. Ich kann mich einer Partei anschließen wollen, ein Buch schreiben, mich verheiraten, alles das ist nur Kundmachung einer ursprünglicheren, spontaneren Wahl als was man Willen nennt”.

In seinen literarischen Werken wird dieses Thema, Entwurf und Änderung eines Grundentwurfes immer wieder zum Thema gemacht.

Citaten Jean-Paul Sartre:

* Existieren, das ist dasein, ganz einfach; die Existierenden erscheinen, lassen sich antreffen, aber man kann sie nicht ableiten
* Denn die dialektische Totalisierung muss die Handlungen, die Leidenschaften, die Arbeit und die Bedürfnisse ebenso wie die ökonomischen Kategorien umfassen, sie muss gleichzeitig den Handelnden wie das Ereignis in den historischen Komplex einordnen, ihn im Verhältnis zur Richtung des Werdens definieren und genauestens den Sinn der Gegenwart bestimmen.
* Wenn die Existenz dem Wesen vorausgeht, das heißt, wenn die Tatsache, dass wir existieren, uns nicht von der Notwendigkeit entlastet, uns unser Wesen erst durch unser Handeln zu schaffen, dann sind wir damit, solange wir leben, zur Freiheit verurteilt...
* Das "Paradoxe unserer historischen Situation" bestehe darin, dass "unsere Freiheit heute [...] lediglich der freie Entschluss, die Freiheit zu erkämpfen", sei.
* Der Marxismus wird zu einer unmenschlichen Anthropologie degenerieren, wenn er nicht den Menschen als seine Grundlage reintegriert
* ... es gibt keine Auswege zu wählen. Ein Ausweg, der wird erfunden
* Nicht die "Härte einer Situation und die von ihr auferlegten Leiden" sind Motive "dafür, dass man sich einen andern Zustand der Dinge denkt, bei dem es aller Welt besser ginge; im Gegenteil, von dem Tag an, da man sich einen anderen Zustand denken kann, fällt ein neues Licht auf unsere Mühsale und Leiden und entscheiden wir, dass sie unerträglich sind.”